HR wird oft als weiche Materie betrachtet. Für Unternehmen ist der Personalaufwand immerhin der größte Kostenblock. Effektives HR-Controlling macht die Aufwände transparent, vor allem aber plan- und steuerbar.
In der heutigen Geschäftswelt steht das Human Resource Management vor zahlreichen Herausforderungen. Der Druck, effizient zu arbeiten, wächst kontinuierlich. Internationale Konzerne fordern oft ein jährliches Wachstum von 10 bis 15 Prozent, was den Wettbewerb intensiviert und den Druck auf lokale Unternehmen erhöht.
Gleichzeitig sehen sich Unternehmen mit steigenden Personalkosten konfrontiert. Eine Lohn-oder Gehaltserhöhung von 5 % pro Jahr kann innerhalb von fünf Jahren eine Kostensteigerung von beinahe 30 % bedeuten. Ohne fundierte Datenanalysen ist HR im Blindflug unterwegs und kann keine sicheren Aussagen über Personalstand, Kosten und zukünftige Entwicklungen treffen.
Die Gesetzeslage fordert mittlerweile bestimmte Reporte wie Gender-Pay-Gap-Reports oder ESG-Kennzahlen, die verpflichtend sind und der Transparenz dienen. Diese gesetzlich vorgeschriebenen Berichte sind zwar notwendig, bieten jedoch oft keinen direkten Mehrwert für das Unternehmen, da sie meist nicht tiefgehend genug sind, um strategische Entscheidungen zu unterstützen oder spezifische betriebliche Herausforderungen zu adressieren.
HR-Controlling: Definition
HR-Controlling ist ein Bereich des Personalmanagements, der sich mit der Planung, Steuerung und Kontrolle von personalwirtschaftlichen Prozessen beschäftigt. Ziel ist es, die Effizienz und Effektivität der Personalabteilung zu steigern und deren Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele messbar zu machen. Dies umfasst die Analyse und Bewertung von Personalkennzahlen, die Unterstützung bei strategischen Personalentscheidungen sowie die Sicherstellung der optimalen Nutzung der personellen Ressourcen.
Lösungsansatz: Das kann HR-Controlling
HR-Controlling geht weit über einfaches Reporting hinaus. Es umfasst nicht nur die Analyse von Personalkosten, sondern liefert vor allem auch strategische HR-Beratung. Es hilft Unternehmen, datenbasierte Entscheidungen zu treffen und ermöglicht eine vorausschauende Personalplanung. HR-Controlling kann besonders in kleinen Firmen sinnvoll sein, um Kennzahlen zu überprüfen und Daten aufzubereiten. Je nach Firmenstruktur kann es sich lohnen, bereits ab 50 Mitarbeiter:innen Thema HR-Controlling einmal anzuschauen, und ab 1.000 Mitarbeiter:innen sollte eine HR-Controller:in fest angestellt werden.
Der erste Schritt für erfolgreiches HR-Controlling sind fundierte und gut aufbereitete Daten. Oftmals scheuen sich Unternehmen vor dem Aufwand oder erkennen den Nutzen nicht. Eine klare Datenbasis ist jedoch essenziell, besonders wenn es zwischen der HR und Finanzabteilung Uneinigkeit über Mitarbeiterzahlen gibt (z.B. Headcount inklusive oder exklusive Lehrlinge oder Praktikanten). Es ist daher sinnvoll, Standards zu definieren und gut zu dokumentieren. Wenn sich die Definition für den Headcount oder die Vollzeitäquivalente (FTE) immer wieder ändert, fehlt die Vergleichbarkeit und ein verlässliches Reporting wird unmöglich.
Bei einer geplanten Restrukturierung kann HR-Controlling verschiedene Szenarien durchrechnen, um zu prognostizieren, wie sich die Zahlen danach entwickeln werden. Dies ermöglicht es Unternehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen und zu evaluieren, ob sich die geplanten Maßnahmen finanziell lohnen. Durch diese datenbasierte Analyse können Risiken minimiert und den gewünschten Erfolg der Restrukturierung zu erzielen.
Fluktuationsrate und andere Kennzahlen
Sie ist in aller Munde: die Fluktuationsrate. Kaum eine Software bietet standardmäßig eine automatisierte Berechnung der Fluktuationsrate, obwohl diese Kennzahl so enorm wichtig ist. HR-Controller:innen greifen daher häufig auf Excel als Tool zurück, um diese und andere spezifische Analysen durchzuführen. Diese manuelle Herangehensweise ermöglicht es HR-Verantwortlichen wichtige KPIs zu zu interpretieren und gegebenenfalls darauf zu reagieren.
HR-Controlling kann Zahlen, Daten und Fakten für die HR-Arbeit transparent machen – nicht nur quantitativ, auch qualitativ. Der Impact eines Führungskräftetrainings lässt sich zum Beispiel messen. Ein häufiges Anliegen vieler HR-Manager:innen ist es, ausreichende Budgets für die sogenannten „weichen“ Themen, die soft-facts zu erhalten. Ein gut implementiertes HR-Controlling liefert die notwendigen Daten, um die Bedeutung und Auswirkungen klar und nachvollziehbar zu erfassen.
Beispiel 1
Ein Produktionsbetrieb mit mehreren Standorten hat über mehrere Jahre hinweg eine Fluktuationskennzahl von rund 7 % errechnet. Durch detaillierte Analysen stellte der HR-Controller fest, dass eine bestimmte Abteilung eine deutlich höhere Fluktuation als alle anderen Abteilungen aufwies. Diese Erkenntnis ermöglichte gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung in dieser Abteilung und führte langfristig zu einer Senkung der hohen Flukutationskosten.
Beispiel 2
Ein IT-Unternehmen hatte Schwierigkeiten, Mitarbeiter:innen zu halten und neue Bewerber:innen zu gewinnen. Daher wurde geplant, die Employer Branding-Strategie zu verbessern. Mithilfe einer HR-Controllerin wurde eine umfassende Strategie entwickelt, die den Webauftritt und die internen Arbeitsbedingungen verbesserte. Innerhalb eines Jahres konnte das Unternehmen 80 neue Mitarbeiter:innen einstellen. Die HR-Controllerin analysierte die Maßnahmen und berechnete einen positiven ROI, der den Erfolg der Strategie belegte.
Strategien für erfolgreiches HR-Controlling
Gute Kennzahlen: Es ist entscheidend, sich auf ca. 15 relevante, nachvollziehbare Kennzahlen zu konzentrieren, die für das Unternehmen wirklich aussagekräftig sind. Diese Kennzahlen sollten regelmäßig aktualisiert und überwacht werden, um ein klares Bild der Personalentwicklung und -kosten zu erhalten. Eine klare Definition und ein einheitliches Verständnis dieser Kennzahlen sind dabei unabdingbar.
Verantwortlichkeit etablieren: Eine dedizierte Verantwortliche für das HR-Controlling gewährleistet, dass die Personalkostenanalyse systematisch durchgeführt und interpretiert wird. Diese Rolle sollte über das bloße Sammeln von Daten hinausgehen und eine tiefergehende Analyse sowie die Ableitung von Handlungsempfehlungen ermöglichen.
Detaillierte Betrachtung auf verschiedenen Ebenen: Es ist wichtig, Kennzahlen nicht nur auf Unternehmensebene, sondern auch nach Standorten, Abteilungen und Kostenstellen aufzuschlüsseln. Diese detaillierte Betrachtung ermöglicht es, spezifische Trends und Herausforderungen innerhalb des Unternehmens zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Optimierung zu ergreifen.
Datensicherheit und Konsistenz: Eine saubere Datenbasis mit korrekten und aktuellen Daten ist fundamental für zuverlässiges HR-Controlling. Es ist wichtig, dass die Datenintegrität gewährleistet ist, um verlässliche Analysen und Vergleiche über verschiedene Zeiträume hinweg durchführen zu können.
Digitalisierung vorantreiben: Die Automatisierung der Datenerfassung und -auswertung mittels geeigneter Softwarelösungen ermöglicht es, Effizienzgewinne zu erzielen und die Reaktionsfähigkeit des HR-Controllings zu erhöhen. Dadurch können HR-Verantwortliche mehr Zeit auf strategische Analysen und Maßnahmenplanung verwenden.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit fördern: Eine enge Zusammenarbeit zwischen HR, Finanzabteilung und IT ist unerlässlich, um eine ganzheitliche Sicht auf die Personalkosten zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die HR-Strategie eng mit den übergreifenden Unternehmenszielen abgestimmt ist. Diese Kooperation ermöglicht es, HR-Controlling als integrierten Bestandteil der Unternehmensführung zu etablieren und strategische Entscheidungen auf fundierter Datenbasis zu treffen.
Zusammenfassung
Mit Personal als größtem Kostenblock bietet HR-Controlling einen entscheidenden Hebel zur Effizienzsteigerung und langfristigen Planung in Unternehmen. HR-Controlling ist mehr als nur ein Werkzeug zur Überwachung von Personalkosten. Es ist ein strategisches Instrument, das Unternehmen dabei unterstützt, fundierte Entscheidungen zu treffen. Mit den richtigen Kennzahlen und einer engen Zusammenarbeit zwischen HR, Finanz und IT kann HR-Controlling einen erheblichen Mehrwert für Unternehmen bieten.